Digitale Wettbewerbsvorteile mit gezielter Strategie aufbauen

Schwaches Wachstum und hohe Markttransparenz setzen Unternehmen in Europa zu. Gleichzeitig wird die digitale Transformation durch neue Technologien wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz und veränderte Kundenbedürfnisse vorangetrieben. Vor diesem Hintergrund stellt sich für Führungskräfte die Frage, welche digitalen Wege sie mit ihren Unternehmen beschreiten sollen, um nachhaltige digitale Wettbewerbsvorteile zu erzielen.


Entstehung von Wettbewerbsvorteilen

Wettbewerbsvorteile sind entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Sie resultieren aus der gezielten Kombination von Faktoren, die als Erfolgspotenziale bekannt sind.

Das in Anlehnung an die Begriffe «Resources», «Offerings» und «Market Positions» bezeichnete ROM-Modell unterscheidet drei Ebenen von Erfolgspotenzialen [1]:

  1. Ressourcen und Fähigkeiten: Diese bilden die Grundlage für die Entwicklung und Erneuerung von Angeboten und Marktpositionen. Dazu gehören außergewöhnliche Kompetenzen, erstklassige Prozesse sowie eine kundenorientierte Führungskultur.
  2. Wertangebot: Innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die aus Sicht der Kunden einen differenzierbaren Mehrwert bieten.
  3. Marktposition: Bedeutende Marktanteile in wachstumsstarken Märkten sind ein weiterer Schlüsselfaktor.

Der Führungsprozess des strategischen Managements hat die Aufgabe, Erfolgspotenziale im Einklang mit der gewählten Unternehmenspositionierung zu entwickeln und zu bewahren.


Digitale Wettbewerbsvorteile

Laut einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) lassen sich sieben Handlungsfelder in Bezug auf die digitale Transformation von Unternehmen unterscheiden [2]:

  1. Konsequente Kundenorientierung,
  2. neue Technologien,
  3. Daten und die Cloud,
  4. neue Strategien und Geschäftsmodelle,
  5. Prozessdigitalisierung und -automatisierung,
  6. moderne Arbeitswelt,
  7. digitales Marketing / Customer Experience Management.

Verortet man diese Handlungsfelder im ROM-Modell, so wird deutlich, dass auf allen drei Ebenen digitale Potenziale für digitale Wettbewerbsvorteile bestehen (Abb. 1).

Abb. 1: ROM-Modell mit digitalen Potenzialen [3]


Digitale Basisstrategien für neue Wettbewerbsvorteile

Um neue digitale Wettbewerbsvorteile aufzubauen, verfolgen Unternehmen eine oder mehrere sogenannte digitale Basisstrategien mit individuellen Zielsetzungen. Die drei Basisstrategien erfordern die Entwicklung von Erfolgspotenzialen in verschiedenen Bereichen des ROM-Modells.


Ziel der Strategie Digitally Enhanced Business (Abb. 2) ist die Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und Automatisierung bestehender Prozesse und Funktionen. Darüber hinaus soll die Kundenzufriedenheit durch digital erweiterte Produkte und Dienstleistungen erhöht werden.

Der Fokus liegt auf der Erschliessung von Erfolgspotenzialen im Ressourcenbereich und teilweise auf der Angebotsebene.

Abb. 2: Digitally Enhanced Business


Die Strategie des Digitally Expanded Business (Abb. 3) beinhaltet die digitale Erweiterung des Geschäftsmodells oder sogar die Neuerfindung des bestehenden Geschäfts. Sie schafft die Basis für mehr Differenzierung und Wachstum im bestehenden Markt. Neue Erfolgspotenziale werden sowohl auf der Ressourcen- als auch auf der Angebotsebene erschlossen und zu innovativen digitalen Geschäftsmodellen kombiniert.

Abb. 3: Digitally Expanded Business


Die New Digital Business Strategie (Abb. 4) zielt auf die Diversifizierung und Schaffung neuer Einnahmequellen ab. Unternehmen können neue geografische Märkte über digitale Vertriebskanäle erschließen, digitale Wertschöpfungssysteme (Ökosysteme) nutzen oder neue Geschäftsfelder aufbauen. Diese Strategie erfordert den Aufbau von Erfolgspotenzialen auf allen drei Ebenen.  Sie wird oft mit der Akquisition eines Start-ups umgesetzt.

Abb. 4: New Digital Business


Die richtige Digitalstrategie wählen

Wie aus der kurzen Beschreibung der drei digitalen Basisstrategien hervorgeht, sind die angestrebten digitalen Wettbewerbsvorteile und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Effekte der Ansätze sehr unterschiedlich. Ebenso unterscheiden sich die Risiko- und Investitionsprofile der Basisstrategien.

Um die für das Unternehmen bzw. für den Geschäftsbereich passende Digitalstrategie auszuwählen, bedarf es daher einer fundierten Auseinandersetzung mit der Marktattraktivität, der Wettbewerbsstärke und der digitalen Reife.

Auf Basis einer erweiterten McKinsey-Matrix können die für das Unternehmen relevanten Strategieansätze je nach Ausgangslage gewählt werden (siehe Abb. 5).

Abb. 5: Digitale Basisstrategie wählen [3]


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  • Wie man digitale Strategien plant und umsetzt​
  • Wie man Wertschöpfungsprozesse digitalisiert​
  • Wie man Angebote um digitale Elemente erweitert​
  • Wie man neue digitale Geschäftsmodelle entwickelt​
  • Wie man Digitalstrategien im Unternehmen verankert​
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Quellen

[1] R. Grünig and R. Kühn, Strategieplanungsprozess, 2nd ed. Haupt, 2018.

[2] M. Peter, M. Dalla Vecchia, and S. Goeldi, KMU-Transformation: Als KMU die Digitale Transformation erfolgreich umsetzen. Forschungsresultate und Praxisleitfaden. FHNW Hochschule für Wirtschaft, Olten, 2017.

[3] B. Kaltenrieder, “Digitale Strategieansätze im Überblick.” Accessed: Dec. 06, 2023. [Online]. Available: https://exploit-advisory.ch/digitalstrategien/